Steuernewsletter Juni 2013
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1. Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken
In verschiedenen Urteilen haben der Bundesfinanzhof und der Europäische Gerichtshof zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken Recht gesprochen. Nachdem dieses Thema in der Praxis zu viel Verwirrung geführt hat, äußert sich das Bundesfinanzministerium (BMF) nunmehr in einem ausführlichen Schreiben zur Anwendung der Urteile wie folgt:
- Lieferungen von Speisen unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %.
- Die Abgabe zubereiteter oder nicht zubereiteter Speisen und/oder von Getränken zusammen mit ausreichenden unterstützenden Dienstleistungen, die deren sofortigen Verzehr ermöglichen, gilt als sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz von 19 % unterliegt. Die Abgabe von Speisen und/oder Getränken ist nur eine Komponente der gesamten Leistung, bei der der Dienstleistungsanteil überwiegt.
Ob der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Umsatzes zu beurteilen. Dabei sind nur Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind. Solche Dienstleistungselemente bleiben bei der Prüfung unberücksichtigt. Ebenso sind Dienstleistungen des speiseabgebenden Unternehmers oder Dritter, die in keinem Zusammenhang mit der Abgabe von Speisen stehen (z. B. Vergnügungsangebote in Freizeitparks, Leistungen eines Pflegedienstes oder Gebäudereinigungsleistungen außerhalb eigenständiger Cateringverträge), nicht in die Prüfung einzubeziehen.
Mit der Vermarktung notwendige Elemente sind u. a.: Zubereitung der Speisen, Transport der Speisen und Getränke zum Ort des Verzehrs, übliche Nebenleistungen (z. B. Verpacken, Beigabe von Einweggeschirr oder -besteck), Bereitstellung von Papierservietten, Abgabe von Senf, Ketchup, Mayonnaise, Apfelmus oder ähnlicher Beigaben.
Nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbundene und damit für die Annahme einer Lieferung schädliche Dienstleistungselemente sind u. a.: Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur, Servieren der Speisen und Getränke, Gestellung von Bedienungs-, Koch- oder Reinigungspersonal, Durchführung von Service-, Bedien- oder Spülleistungen, Nutzungsüberlassung von Geschirr oder Besteck, Überlassung von Mobiliar (z. B. Tischen und Stühlen), individuelle Beratung bei der Auswahl der Speisen und Getränke.
Anmerkung: Die Abgabe von Speisen (mit oder ohne Beförderung) unterliegt stets dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn keine unterstützende Dienstleistung erfolgt. Ob das BMF damit tatsächlich mehr Klarheit über alle in der Praxis vorkommenden Fälle schafft, sei dahingestellt. Betroffene Steuerpflichtige sollten sich hier ausführlich beraten lassen, um steuerliche Fehler zu vermeiden!
2. Nutzung eines Gebäudes, auf das eigene Aufwendungen geleistet wurden, zur Einkunftserzielung
Trägt der Steuerpflichtige Kosten zur Herstellung eines im Eigentum seines Ehegatten stehenden Gebäudes, das er zur Erzielung von betrieblichen Einkünften nutzt, sind nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 19.12.2012 seine Aufwendungen steuerlich zu aktivieren und nach den für Gebäude geltenden Regeln abzuschreiben.
Die Berechtigung zur Vornahme von Absetzungen für Abnutzung setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige Eigentümer des Wirtschaftsguts – im entschiedenen Fall eines Gebäudes – ist, für das er Aufwendungen getätigt hat. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob er Aufwendungen im betrieblichen Interesse trägt.
Endet die Nutzung des Gebäudes zur Einkunftserzielung durch den Steuerpflichtigen, ergibt sich daraus keine Auswirkung auf seinen Gewinn. Ein noch nicht abgeschriebener Restbetrag der Aufwendungen wird erfolgsneutral ausgebucht. Der verbleibende Betrag geht dabei nicht unter. Vielmehr ist er dem Eigentümer des Wirtschaftsguts als Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Wirtschaftsguts zuzurechnen.
3. Voller Kostenabzug bei Fahrten zu verschiedenen Tätigkeitsorten auch für Selbstständige
Mit Urteil vom 22.3.2013 hat das Finanzgericht Münster (FG) selbstständige Unternehmer in Bezug auf Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte Arbeitnehmern gleichgestellt. Die Abzugsbeschränkung ist nach Ansicht des Gerichtes auf maximal einen Tätigkeitsort beschränkt.
Eine Steuerpflichtige hatte im Auftrag einer städtischen Musikschule nebenberuflich Musikkurse an verschiedenen Schulen und Kindergärten gegeben. Für die Fahrten zu den insgesamt 6 verschiedenen Einrichtungen, die sie etwa einmal wöchentlich aufsuchte, nutzte sie ihren Privatwagen. Hierfür machte sie 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte jedoch lediglich die Hälfte dieser Kosten an, da es sich um Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätten handele.
Das FG gewährte der Steuerpflichtigen den vollen Betriebsausgabenabzug für die Fahrten. Eine Kürzung des Betriebsausgabenabzugs ist nur gerechtfertigt, wenn sich der Unternehmer auf die immer gleichen Wege einstellen kann, etwa durch Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder gezielte Wohnsitznahme. Insoweit gilt dasselbe wie bei Arbeitnehmern, die nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch nur eine regelmäßige Arbeitsstätte haben können. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
4. Doppelte Haushaltsführung bei erwachsenen, wirtschaftlich eigenständigen Kindern
Erwachsene, berufstätige Kinder, die zusammen mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, können nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16.1.2013 Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend machen, wenn ihnen die Wohnung am Beschäftigungsort lediglich als Schlafstätte dient.
Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Keinen eigenen Hausstand unterhält nach der bisherigen Rechtsprechung z. B., wer in den Haushalt der Eltern eingegliedert ist, ohne die Haushaltsführung wesentlich mitzubestimmen. Das gilt insbesondere für junge Arbeitnehmer, die nach Beendigung ihrer Ausbildung, wenn auch gegen Kostenbeteiligung, weiterhin im Haushalt der Eltern ein Zimmer bewohnen.
Im entschiedenen Fall machte ein 43 Jahre alter Steuerpflichtiger vergeblich die Kosten für eine Unterkunft am Beschäftigungsort geltend. Dort hatte er seinen Zweitwohnsitz begründet. Seinen Hauptwohnsitz behielt er im Einfamilienhaus seiner im Streitjahr 71 Jahre alten Mutter bei. In diesem nutzte er ein Schlaf- und Arbeitszimmer sowie ein Badezimmer allein. Die Küche, das Ess- und Wohnzimmer wurden von ihm und seiner Mutter gemeinsam genutzt.
Der BFH entschied hier für alle betroffenen Steuerpflichtigen vorteilhaft. So ist nach seiner Auffassung – anders als bei jungen Arbeitnehmern – bei einem erwachsenen und wirtschaftlich eigenständigen Kind grundsätzlich davon auszugehen, dass es die gemeinsame Haushaltsführung mit den Eltern oder einem Elternteil wesentlich mitbestimmt. Es kann deshalb im elterlichen Haushalt auch einen »eigenen Hausstand« unterhalten und eine steuerlich relevante doppelte Haushaltsführung begründen.
5. Kosten einer Ehescheidung in vollem Umfang steuerlich absetzbar?
Die mit einer Ehescheidung zusammenhängenden Gerichts- und Anwaltskosten können nach Auffassung des Finanzgerichts Düsseldorf (FG) in vollem Umfang steuerlich geltend gemacht werden.
In dem entschiedenen Fall hatte der geschiedene Ehepartner Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 8.195 € für die Ehescheidung aufgewandt. Die Kosten betrafen auch die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich, dem Zugewinnausgleich und dem nachehelichen Unterhalt.
Das FG ließ die gesamten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung steuerwirksam zum Abzug zu. Nach Auffassung der Richter kann eine Ehescheidung nur gerichtlich und mit Hilfe von Rechtsanwälten erfolgen. Dabei müssen regelmäßig auch Regelungen zum Versorgungsausgleich, dem Zugewinn und den Unterhaltsansprüchen getroffen werden. Den Kosten können sich die Ehepartner nicht entziehen. Dabei spielt es keine Rolle, dass Teilbereiche einer Scheidung nur durch Urteil, andere Teile hingegen auch durch einen Vergleich zwischen den Ehepartnern geregelt werden können.
Anmerkung: Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde im Hinblick auf unterschiedliche Entscheidungen zum Abzug von Prozesskosten zugelassen. Zwar hat der BFH mit Urteil vom 12.5.2011 unter Änderung der Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen können und damit als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig sind. Mit Urteilen vom 30.5.2005 hat er aber auch entschieden, dass die Kosten der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren keine außergewöhnlichen Belastungen sind.
6. Novellierung der Steuerberatergebühren
Die Steuerberatergebührenverordnung wird zur Steuerberatervergütungsverordnung. Ende letzten Jahres stimmte der Bundesrat – nach nunmehr 14 Jahren Gültigkeitsdauer – der Novellierung der Steuerberatergebühren zu. Die Änderungen traten am 20.12.2012 in Kraft.
Die Novelle berücksichtigt vor allem die gestiegene Preis- und Kostenentwicklung bei den Steuerberaterpraxen, die u. a. auf dem verstärkten und aufwendigen EDV-Einsatz beruhen. Des Weiteren fallen durch die immer komplizierter werdenden steuerlichen Regelungen umfangreichere Arbeiten auch innerhalb der bestehenden Gebührentatbestände an. Das ließ sich durch die alten Gebührensätze nicht mehr adäquat abbilden.
Durch die Überarbeitung werden jetzt auch neu eingeführte Steuertatbestände, für die bislang keine Abrechnungsgrundlage vorhanden war, wie z. B. die Abrechnung für die Überwachung der Lohnsumme oder die Thesaurierungsrücklage sowie die Zusammenfassende Meldung berücksichtigt. Erhöht wurde die Zeitgebühr, die Mindestgegenstandswerte für die Erstellung von Steuererklärungen, die Betragsrahmengebühren für die Lohnbuchführung sowie die Gebühren für die Aufstellung von Zwischenabschlüssen.
7. »Häusliches« Arbeitszimmer bei Nutzung der zweiten Wohnung im Zweifamilienhaus
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 15.1.2013 entschieden, dass Aufwendungen für die berufliche Nutzung der zweiten Wohnung, die sich im Obergeschoss eines ausschließlich vom Steuerpflichtigen und seiner Familie genutzten Zweifamilienhauses befinden, unter die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer fallen und somit lediglich pauschal in Höhe von 1.250 € steuerlich zu berücksichtigen sind.
Im entschiedenen Fall erzielte ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Erfinder. Für die Erstellung von Patenten benötigte er zahlreiche Unterlagen und umfangreiche Fachliteratur, sodass er ein ausschließlich beruflich genutztes Büro unterhielt. Dieses befand sich im Obergeschoss des von ihm und seiner Familie bewohnten Zweifamilienhauses. Eine direkte Verbindung zwischen den zum Büro gehörenden Räumlichkeiten im Obergeschoss und dem Wohnbereich im Erdgeschoss bestand nicht. Der Zugang zum Obergeschoss war nur über einen separaten Treppenaufgang möglich, der über eine eigene Eingangstür verfügte. Nachdem das Finanzamt nur die für ein häusliches Arbeitszimmer geltende Pauschale zum Abzug zuließ, argumentierte der Steuerpflichtige vor Gericht, das Arbeitszimmer sei nicht »häuslich« und unterfalle deshalb nicht der Abzugsbeschränkung.
Der BFH rechnet das Arbeitszimmer noch dem häuslichen Bereich zu. Der für die Annahme der Häuslichkeit erforderliche Zusammenhang der beruflich und privat genutzten Räume entfällt erst, wenn das Arbeitszimmer über eine der Allgemeinheit zugängliche und auch von anderen Personen genutzte Verkehrsfläche zu erreichen ist.
8. Vorläufige Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags
In gleich lautenden Erlassen legen die Finanzbehörden der Länder fest, dass sämtliche Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008 im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der »Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen« als Betriebsausgaben vorläufig durchzuführen sind. Des Weiteren sollen Festsetzungen des Gewerbesteuermessbetrags für Erhebungszeiträume ab 2008 mit Hinzurechnungen (z. B. von Miet- und Pachtzinsen) zum Gewerbeertrag im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser »Hinzurechnungsvorschriften« vorläufig durchgeführt werden.
Die Vorläufigkeitserklärung erfolgt lediglich aus verfahrenstechnischen Gründen. Sie erfasst sowohl die Frage, ob die angeführten gesetzlichen Vorschriften mit höherrangigem Recht vereinbar sind, als auch den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige Frage durch verfassungskonforme Auslegung der angeführten gesetzlichen Vorschriften entscheidet.
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