Steuernewsletter Oktober 2015
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1. Terminsache: Freistellungsaufträge ohne Steueridentifikationsnummer verlieren ihre Gültigkeit
Seit dem 1.1.2011 können Freistellungsaufträge nur unter Angabe der Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID-Nr.) des Auftraggebers und ggf. seines Ehepartners geändert bzw. neu erteilt werden. Dies gilt für die Meldezeiträume bis 2015 nur soweit diese vorliegt.
Ab 1.1.2016 verlieren alle Freistellungsaufträge ohne Steuer-ID-Nr. ihre Gültigkeit. Bei der Übermittlung ist ab dann im Datensatz jeweils die im wirksamen Freistellungsauftrag vermerkte Steuer-ID-Nr. des Kunden anzugeben.
Freistellungsaufträge, die vor dem 1.1.2011 gestellt worden sind und ab dem 1.1.2016 wegen fehlender Steuer-ID-Nr. ihre Gültigkeit verlieren, brauchen nicht mit dem nunmehr amtlichen Vordruck neu beantragt werden. Für die Freistellungsaufträge ist vielmehr die Nummer in einer geeigneten Form dem Institut mitzuteilen.
Anmerkung: Wenn Sie bei mehreren Kreditinstituten Konten und Depots führen, können Sie den Sparerpauschbetrag (801 € Alleinstehende bzw. 1.602 € Verheiratete) aufteilen und die Teilbeträge auf die Freistellungsaufträge den einzelnen Banken zuweisen. In diesem Zusammenhang sollten alle Freistellungsaufträge überprüft und ergänzt werden.
2. Verteilung der Kosten für „außergewöhnliche Belastung“ auf mehrere Jahre
Die Einkommensteuer wird auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (sog. außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Aufwendungen geleistet worden sind.
Das Finanzgerichts Saarland (FG) entschied mit Urteil vom 6.8.2013 aber, dass solche Aufwendungen auf mehrere Jahre verteilt und damit auch steuerlich wirkungsvoller angesetzt werden können. Hohe außergewöhnliche Belastungen würden vielfach steuerlich wirkungslos bleiben, wenn ihnen keine entsprechenden Einkünfte gegenüberstehen.
In dem vom FG entschiedenen Fall baute ein schwerbehinderter Steuerpflichtiger sein Haus behindertengerecht um. Die Umbaukosten betrugen rund 135.000 €. Das FG ließ im entschiedenen Fall eine Verteilung auf 5 Jahre zu. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen, von diesem jedoch wegen Verschuldens des Finanzamtes verworfen, da sie nicht innerhalb der Revisionsfrist eingelegt wurde.
Nunmehr hat das Finanzgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 23.4.2015 in einem ähnlich gelagerten Fall eine Verteilung der aufgewandten außergewöhnlichen Belastung aus Billigkeitsgründen auf mehrere Veranlagungszeiträume verneint.
Anmerkung: Die Revision zum BFH (Az. VI R 36/15) wurde auch hier zugelassen. Es empfiehlt sich in ähnlich gelagerten Fällen beim Finanzamt eine entsprechende Billigkeitsmaßnahme zu beantragen, gegen die zu erwartende Ablehnung Einspruch einzulegen und in Hinblick auf die anhängige Revision Ruhen des Verfahrens zu beantragen.
3. Kosten für eine Abschiedsfeier/Dienstjubiläum steuerlich abzugsfähig?
In seinem Urteil vom 29.5.2015 hat das Finanzgericht Münster (FG) entschieden, dass Aufwendungen für eine Abschiedsfeier, die ein Arbeitnehmer anlässlich eines Arbeitgeberwechsels veranstaltet, als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sein können, wenn bestimmte Parameter eingehalten werden.
Im entschiedenen Fall ließ das FG den Werbungskostenabzug in vollem Umfang zu, weil die Aufwendungen für die Abschiedsfeier durch die berufliche Tätigkeit veranlasst waren. Der Anlass der Feier, der Arbeitgeberwechsel, sei rein beruflicher Natur gewesen. Sämtliche Gäste stammten aus dem beruflichen Umfeld. Die ganz überwiegende Zahl der Gäste wurde auch ohne Ehe- bzw. Lebenspartner eingeladen. Außerdem wurde der bisherige Arbeitgeber in die Organisation der Feier eingebunden, indem er die Gästeliste mit diesem abstimmte und sein bisheriges Sekretariat ihn bei der Organisation der Anmeldungen unterstützte. Auch die Höhe der Kosten der Feier von ca. 50 € pro Person befand das FG als angemessen.
Anders sah das das FG Niedersachsen in seiner Entscheidung vom 3.12.2014. Danach sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Ausrichtung einer – ausschließlich von ihm selbst veranlassten und organisierten – Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums entstanden sind, nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit abziehbar. Ein Dienstjubiläum stellt i. d. R. ein persönliches Ereignis dar.
Im entschiedenen Fall hatte ein Steuerpflichtiger anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums eingeladen. Er ist als Gastgeber aufgetreten und hat die Gästeliste bestimmt. Bei den Gästen handelte es sich ausschließlich um Kollegen. Die Feierlichkeit fand im Sozialraum statt.
Anmerkung: Ein starkes Indiz für die berufliche Veranlassung der Feier – und damit die Anerkennung der Bewirtungskosten als Werbungskosten – kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber die Veranstaltung ohne Mitspracherecht des betroffenen Beschäftigten organisiert und ausrichtet; wenn er also die Gästeliste bestimmt und sich an den Kosten der Jubiläumsfeier beteiligt. Um jedoch steuerliche Nachteile zu vermeiden, sollten Sie sich von uns vor solchen Veranstaltungen steuerlichen Rat einholen!
4. Aufzeichnungen eines Diktiergeräts als Fahrtenbuch
Wieder einmal musste sich ein Finanzgericht (FG) – hier das FG Köln – mit der Frage befassen, wann ein „ordnungsgemäßes Fahrtenbuch“ steuerlich anzuerkennen ist. Im entschiedenen Fall ging es um die mündliche Aufnahme auf ein Diktiergerät und anschließende Aufzeichnung in eine Excel-Tabelle.
Dazu äußerte sich das FG wie folgt: Aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung im Einkommensteuergesetz folgt, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen.
Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist. Die vom Steuerpflichtigen besprochenen Kassetten stellen aus nachfolgenden Gründen kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch dar:
Sie sind, wenn auch unter Umständen mit Schwierigkeiten verbunden, jederzeit änderbar. Die heutigen technischen Möglichkeiten erlauben es, Bänder zu verändern, ohne dass ein Bruch erkennbar ist. Außerdem kann jedes einzelne Band komplett neu besprochen werden. Die Bänder sind nicht gegen Verlust gesichert. Hat der Steuerpflichtige versehentlich während der Fahrt ein Band gelöscht und es neu besprochen, ist dies nicht feststellbar. Es ist nicht mit vertretbarem Aufwand überprüfbar, ob die Bänder „eins zu eins“ in die Excel-Tabellen übertragen wurden.
Anmerkung: Das FG ließ die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zu, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung in den letzten Jahren zu stellen sind.
5. Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen - Änderung der Rechtsprechung
Nach den Regelungen durch das Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetz sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) seit 2013 vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
In seiner Entscheidung vom 12.5.2011 nahm der Bundesfinanzhof (BFH) die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint und qualifizierte diese als außergewöhnliche Belastung. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren sind. Damit entstünden Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig.
Mit seiner Entscheidung vom 18.6.2015 ändert der BFH seine Rechtsprechung. Kosten eines Zivilprozesses stellen demnach im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Etwas anderes gilt ausnahmsweise, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.
Anmerkung: Damit entspricht der BFH dem ab 2013 geltenden gesetzlichen Abzugsverbot. Zu einer Definition des Begriffs der Existenzgefährdung konnte sich der BFH nicht durchringen. Damit bleibt die gesetzliche Regelung unpräzisiert.
6. Kundenzahlungen auf das private Bankkonto des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers
Kundenzahlungen auf ein privates Bankkonto des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH sind als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu erfassen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 21.10.2014 entschieden.
Eine vGA liegt immer dann vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil im Sinne einer bei ihr eintretenden Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zuwendet, diese Zuwendung ihren Anlass oder zumindest ihre Mitveranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Das ist in der Regel der Fall, wenn ein gewissenhafter Geschäftsführer diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.
Mit dem Eingang der Zahlungen auf dem Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers hat dieser die Verfügungsgewalt über die Beträge und damit einen Vermögensvorteil zulasten der GmbH erlangt.
Allein aus dem Umstand, dass der Steuerpflichtige als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH mit den eingegangenen Beträgen auch Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber Dritten getilgt hat, kann nicht auf eine entsprechende klar und eindeutig im Voraus getroffene Vereinbarung geschlossen werden.
7. Schlechtere ertragsteuerliche Einstufung von Blockheizkraftwerken
Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder teilen mit Schreiben vom 17.7.2015 mit, dass sie nunmehr Blockheizkraftwerke (BHKW) entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung wie ein wesentliches Bestandteil des Gebäudes statt wie zuvor als selbstständiges bewegliches Wirtschaftsgut behandeln werden. Dies hat zur Folge, dass sie zwar weiterhin der linearen Abschreibung unterliegen, allerdings gilt die für Gebäude betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 50 Jahren. Die durchschnittliche Lebensdauer eines BHKWs ist i. d. R. jedoch deutlich niedriger. Muss das BHKW ausgetauscht werden, ist der anfallende Erhaltungsaufwand sofort in voller Höhe steuerlich absetzbar.
Die alte Verwaltungsauffassung stufte die BHKW als selbstständige, vom Gebäude losgelöste bewegliche Wirtschaftsgüter ein und erlaubte für Abschreibungszwecke eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 10 Jahren zugrunde zu legen.
Diese Einstufung hat auch Auswirkungen auf die die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags und der Investitionszulage. Mangels Klassifizierung als abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens sind diese nicht mehr möglich.
Anmerkung: Für alle vor dem 31.12.2015 angeschafften, hergestellten oder verbindlich bestellten BHKW wird Vertrauensschutz gewährt. Für solche Anlagen besteht ein Wahlrecht zwischen neuer und alter Verwaltungsauffassung. Das Wahlrecht ist spätestens für den Veranlagungszeitraum 2015 auszuüben.
8. Umlagesätze für Minijobber geändert
Minijobber haben Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie auf finanzielle Absicherung bei Mutterschaft. Diese finanzielle Belastung der Arbeitgeber wird durch ein Ausgleichsverfahren (teilweise) ausgeglichen. Zur Finanzierung zahlen Arbeitgeber auch für Minijobber die U1 für Aufwendungen bei Krankheit und die U2 für Aufwendungen bei Mutterschaft.
Die Umlagesätze für Minijobber haben sich zum 1.9.2015 geändert; die neuen Werte gelten ab diesem Tag. So beträgt die U1 1,00 % (bis 31.8.2015: 0,70 %) und die U2 0,30 % (bis 31.8.2015: 0,24 %).
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