Steuernewsletter Juni 2016
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1. 1-%-Regelung bei gebrauchtem Pkw vor dem Bundesfinanzhof
Die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist steuerlich für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Abweichend von der sog. 1-%-Regelung kann die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
Die 1-%-Regelung ist in der Praxis schon öfter angefochten worden, weil sie nach Auffassung vieler Steuerpflichtiger – insbesondere für Fahrzeuge, für die ein heute üblicher erheblicher Kaufpreisnachlass gewährt wird, und für Gebrauchtfahrzeuge – zu einem vermeintlich unzutreffenden, ungerechten und unlogischen Ergebnis führt.
In einem vor dem Finanzgericht München (FG) entschiedenen Fall setzte ein Steuerpflichtiger den privaten Nutzungswert seines gebraucht gekauften Kfz mit rund 50 % der von ihm ermittelten Gesamtkosten des Kfz an. Zur Begründung wird vorgetragen, der Ansatz einer mehr als 50%igen Pkw-Privatnutzung sei eine mit der Logik nicht zu vereinbarende Rechtsanwendung, wenn unstreitig feststehe, dass das Auto zu mehr als 50 % (im entschiedenen Fall sogar 70 %) betrieblich genutzt werde.
Das FG kam erwartungsgemäß zu dem Entschluss, dass die 1-%-Regelung nicht unlogisch und verfassungsgemäß ist. Für die vom Steuerpflichtigen begehrte Begrenzung des privaten Nutzungsanteils auf 50 % der tatsächlich entstandenen Kosten fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
Anmerkung: Dieser Fall ist jetzt vor dem Bundesfinanzhof gelandet und dort unter dem Aktenzeichen X R 28/15 anhängig. Betroffene Steuerpflichtige können nunmehr Einspruch einlegen und unter Angabe des Aktenzeichens das Ruhen des Verfahrens beantragen.
2. Mitunternehmerstellung/Gewinnzuordnung/Abfärbewirkung im Rahmen einer Freiberuflerpraxis
Grundsätzlich ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft auch Mitunternehmer. Dies ist er nur dann, wenn er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt. Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich dabei grundsätzlich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft.
In seiner Entscheidung vom 3.11.2015 hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Stellung eines „Mitunternehmers“ – und damit einer sich daraus ergebenden Gewinnzuordnung – in einer Freiberuflerpraxis zu befassen. Im entschiedenen Fall betrieben die Ärzte A und B eine Gemeinschaftspraxis, in die sie die Ärztin C aufnahmen. Die Geschäftsführung sollte dabei gemeinschaftlich ausgeübt werden. C war jedoch nicht an den materiellen Werten der Gemeinschaft beteiligt. Ihr wurde eine Option zum Erwerb eines Drittels der Praxis eingeräumt. Nach der Gewinnverteilungsabrede sollte C jährlich einen Prozentsatz des eigenen Honorarumsatzes erhalten.
Der BFH entschied dazu: Erhält ein (Schein-)Gesellschafter eine von der Gewinnsituation abhängige, nur nach dem eigenen Umsatz bemessene Vergütung und ist er zudem von einer Teilhabe an den stillen Reserven der Gesellschaft ausgeschlossen, kann wegen des danach nur eingeschränkt bestehenden Mitunternehmerrisikos eine Mitunternehmerstellung nur bejaht werden, wenn eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative vorliegt. Daran fehlt es, wenn zwar eine gemeinsame Geschäftsführungsbefugnis besteht, von dieser aber tatsächlich wesentliche Bereiche ausgenommen sind. Entsprechend wurde der Gewinn auch nur auf die beiden Gesellschafter A und B aufgeteilt.
Anmerkung: In einem Parallelverfahren qualifizierte der BFH die Einkünfte der GbR als gewerblich und damit auch gewerbesteuerpflichtig, nachdem festgestellt wurde, dass C ihre Patienten im Namen der GbR eigenverantwortlich und somit ohne Überwachung oder persönliche Mitwirkung durch A und B behandelte. Hier liegen mangels leitender und eigenverantwortlicher Tätigkeit der Mitunternehmer keine freiberuflichen, sondern gewerbliche Einkünfte der GbR vor. Entsprechend wurden die Einkünfte der GbR insgesamt als gewerbesteuerpflichtig eingestuft (sog. „Abfärbewirkung“).
Der Fall zeigt wieder einmal sehr deutlich, wie schnell durch falsch gestaltete Verträge steuerlich erhebliche Nachteile entstehen können. Lassen Sie sich in solchen Fällen zwingend beraten!
3. Aufwendungen für Mieterschäden sofort abziehbare Werbungskosten
Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen, die innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, wenn die Aufwendungen (ohne Umsatzsteuer) 15 % der Gebäudeanschaffungskosten übersteigen. Diese können nur im Wege der Abschreibung über die Nutzungsdauer steuerlich geltend gemacht und nicht sofort abgezogen werden.
Aufwendungen des Vermieters zur Beseitigung von Schäden, die der Mieter nach Erwerb einer Eigentumswohnung verursacht hat, können sofort als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Das entschied das Finanzgericht Düsseldorf (FG) in seinem Urteil vom 4.3.2016.
Im entschiedenen Fall hinterließ eine Mieterin die Wohnung in einem beschädigten Zustand. Zur Beseitigung dieser Schäden wandte die Steuerpflichtige rund 20.000 € auf, die sie als sofort abzugsfähige Werbungskosten behandelte. Hingegen vertrat das Finanzamt die Auffassung, es handele sich um sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten.
Das FG vertritt hier jedoch die Auffassung, dass – trotz Überschreitung der 15-%-Grenze – keine anschaffungsnahen Herstellungskosten vorlagen. Die Gesetzesbegründung lässt keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Gesetzgeber Aufwand zur Beseitigung von Schäden nach Erwerb habe erfassen wollen. Auch können in Fällen, in denen es zu einem Substanzverlust kommt, eine Absetzung für außerordentliche Abnutzung in Anspruch genommen werden, die ebenfalls mit einem sofortigen Abzug einhergeht. Schließlich gebietet die mit der Regelung bezweckte Verwaltungsvereinfachung keine Qualifizierung derartiger Aufwendungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten.
Anmerkung: Das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen IX R 6/16 anhängig. Ob dieser den Argumenten des FG folgt, wird sich zeigen. Betroffene Steuerpflichtige können in abschlägigen Bescheiden Einspruch einlegen und um Ruhen des Verfahrens bis zu einer endgültigen Entscheidung durch den BFH bitten.
4. Beurteilung von Abbruchkosten bei Erstellung eines neuen Gebäudes
In einem vom Finanzgericht Düsseldorf (FG) entschiedenen Fall hatte eine Steuerpflichtige bereits beim Erwerb zweier Grundstücke die Absicht, die aufstehenden Gebäude abzureißen und zwei neue Einkaufsmärkte zu errichten. Für die durch den Abbruch untergegangene Bausubstanz nahm sie sodann Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung vor. Diese und die Abbruchkosten machte sie als sofort abziehbare Betriebsausgaben geltend.
Das FG behandelte die Restbuchwerte der abgebrochenen Gebäude und die Abbruchkosten als Herstellungskosten der neuen Gebäude, die über deren Nutzungsdauer linear abgeschrieben werden müssen. Wenn ein Steuerpflichtiger ein technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude in der Absicht erwirbt, es abzubrechen und an dieser Stelle ein neues Gebäude zu errichten, dann ist die Vernichtung des alten Voraussetzung für die Errichtung des neuen Gebäudes. Der Abbruch sei gleichsam der Beginn der Herstellung. Bei einem Abbruch von Gebäuden innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht.
Für den Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes dürfe der Steuerpflichtige dann keine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung in Anspruch nehmen. Die Abbruchkosten könnten nicht als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben oder Werbungskosten angesetzt werden.
5. Ehescheidungskosten weiterhin steuerlich absetzbar?
In einem vom Finanzgericht Köln (FG) am 13.1.2016 entschiedenen Fall machte eine Steuerpflichtige für 2014 in ihrer Einkommensteuererklärung ca. 2.400 € Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren als Scheidungskosten geltend. Das Finanzamt berief sich auf die ab 2013 geltende Neuregelung im Einkommensteuergesetz, wonach die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten grundsätzlich ausgeschlossen sind und lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ab.
Das FG kam jedoch zu dem Entschluss, dass die Kosten eines Scheidungsverfahrens auch nach der aktuellen Gesetzeslage als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sind. Die Anerkennung der Scheidungskosten begründet es in seinem Urteil damit, dass Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren eines Scheidungsverfahrens nicht unter den Begriff der „Prozesskosten“ fielen. Dies ergebe sich sowohl aus der für Scheidungsverfahren geltenden Verfahrensordnung, wie auch aus der Entstehungsgeschichte der Neuregelung zum Abzugsverbot zu den Prozesskosten.
Anmerkung: Das FG hat gegen sein Urteil die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen; insofern ist diese Entscheidung noch nicht endgültig. Betroffene Steuerpflichtige sollten jedoch mit Hinweis auf diese Entscheidung ihre Steuerbescheide offenhalten.
6. Abziehbarkeit der von den Eltern getragenen Kosten für eine Unterkunft am Studienort
In einem vom Niedersächsischen Finanzgericht (FG) entschiedenen Fall nahm eine Steuerpflichtige ein Medizinstudium in Frankfurt auf. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machte sie umfangreiche vorweggenommene Werbungskosten geltend, darunter auch Aufwendungen für eine Maklerprovision für die Anmietung einer Wohnung sowie Mietzahlungen für die angemietete Wohnung und eine Garage. Die Verträge wurden mit dem Vater abgeschlossen und die Aufwendungen von diesem auch bezahlt.
Das FG kam zu dem Entschluss, dass es sich bei den vom Vater getragenen Maklerkosten um eigenen Aufwand der Tochter handelt, der von ihm aufgrund eines abgekürzten Vertragsweges geleistet wurde. Entsprechend sind sie als Werbungskosten zu berücksichtigen. Dass der Vater die Maklerkosten als Vertragspartner des vermittelten Mietvertrages als eigene Schuld leistete, steht dem nicht entgegen.
Hinsichtlich der Mietzahlungen liegt nach Auffassung des FG aber kein Fall des abgekürzten Zahlungsweges vor, da der Vater hier eigene Schulden aus den Mietverträgen mit der Vermieterin tilgt. Zwar hat er die Zahlungen aufgrund eines abgekürzten Vertragsweges geleistet. Gleichwohl führt die Abkürzung des Vertragsweges hier nicht zu abziehbaren Aufwendungen der Steuerpflichtigen.
Die Grundsätze des abgekürzten Vertragsweges sind nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) bei Dauerschuldverhältnissen nicht anwendbar. Bei einem Mietverhältnis handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Entsprechend ließ das FG die vom Vater geleisteten Mietzahlungen nicht bei der Steuerpflichtigen als Werbungskosten zu.
Anmerkung: Die Revision zum BFH wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Frage, ob im Fall abgekürzter Vertragswege die Abziehbarkeit von Mietzahlungen und Zahlungen der Maklerprovision unterschiedlich beurteilt werden können, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.
7. Fahrtkosten bei Vermietung und Verpachtung
Vermieter können Fahrtkosten zu ihren Vermietungsobjekten im Regelfall in tatsächlicher Höhe oder mit einer Pauschale von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend machen. In seiner Entscheidung vom 1.12.2015 stellt der Bundesfinanzhof aber klar, dass die ungünstigere Entfernungspauschale (0,30 € nur für jeden Entfernungskilometer) aber dann anzuwenden ist, wenn das Vermietungsobjekt ausnahmsweise die regelmäßige Tätigkeitsstätte des Vermieters ist.
Im entschiedenen Fall sanierte ein Steuerpflichtiger mehrere Wohnungen und ein Mehrfamilienhaus und suchte die hierfür eingerichteten Baustellen 165 mal bzw. 215 mal im Jahr auf. Aufgrund der Vielzahl der Fahrten zu den beiden Objekten kam das Finanzamt (FA) zu dem Ergebnis, dass der Steuerpflichtige am Ort der Vermietungsobjekte seine regelmäßige Tätigkeitsstätte habe. Die Fahrtkosten waren daher nach Ansicht des FA nur in Höhe der Entfernungspauschale abziehbar.
Im Regelfall sucht ein Steuerpflichtiger ein Vermietungsobjekt allerdings nicht arbeitstäglich auf, sondern in größerem oder kleinerem zeitlichem Abstand, z. B. zu Kontrollzwecken, bei Mieterwechseln oder zur Ablesung von Zählerständen. Zudem erfordert bei nicht umfangreichem Grundbesitz die Verwaltung eines Mietobjekts in der Regel keine besonderen Einrichtungen, wie z. B. ein Büro, sondern erfolgt regelmäßig von der Wohnung des Steuerpflichtigen aus. In einem solchen Fall ist das Vermietungsobjekt nicht der ortsgebundene Mittelpunkt der Vermietungstätigkeit.
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