Steuernewsletter Juni 2017

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1. Zweites Bürokratieentlastungsgesetz verabschiedet

Am 30.3.3017 verabschiedete der Bundestag das „Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie“ (Zweites Bürokratieentlastungsgesetz). Damit sollen Erleichterungen für die Wirtschaft geschaffen werden. Zu den wichtigsten Neuregelungen zählen:

Lieferscheine: Die Aufbewahrungsfrist bei empfangenen Lieferscheinen endet mit dem Erhalt der Rechnung bzw. für abgesandte Lieferscheine mit dem Versand der Rechnung. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn sie als Buchungsbelege herangezogen werden. Lieferscheine sind häufig Bestandteile der Rechnung. Erfolgt in der Rechnung ein Verweis auf den Lieferschein, ist dieser Teil der Rechnung und 10 Jahre aufzubewahren!

Aufzeichnungspflicht für „Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG)“: Der Gesetzgeber hat eine Erleichterung bei den Aufzeichnungspflichten für sofort abgeschriebene GWG in das Gesetz eingefügt. Danach sind bestimmte Aufzeichnungen nur noch für Wirtschaftsgüter mit einem Wert über 250 € erforderlich. Diese Wertgrenze gilt jedoch erstmals für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2017 angeschafft, hergestellt oder in ein Betriebsvermögen eingelegt werden.

Lohnsteueranmeldung: Der Grenzbetrag für die quartalsweisen Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung wurde von 4.000 € auf 5.000 € angehoben.

Kurzfristig Beschäftigte: Wegen der Anpassung des Mindestlohns auf 8,84 € kam es zur zwangsweisen Anhebung der Pauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte. Danach gilt ab 2017 ein durchschnittlicher Tageslohns i. H. 72 € (voher 68 €).

Kleinbetragsrechnungen: Die für die Praxis relevante umsatzsteuerliche Wertgrenze für Kleinbetragsrechnungen wird von 150 € auf 250 € angehoben. Der Gesetzentwurf sah noch eine Anhebung auf 200 € vor. Eine sog. Kleinbetragsrechnung, deren Gesamtbetrag (jetzt neu) 250 € nicht übersteigt, muss, damit es umsatzsteuerrechtlich anerkannt wird, mindestens folgende Angaben enthalten:

  • vollständige Namen und vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,
  • Ausstellungsdatum,
  • Menge und Art der gelieferten Gegenstände oder Umfang und Art der Leistung
  • Entgelt und darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder Leistung in einer Summe (Bruttobetrag) sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Nicht angegeben werden brauchen im Gegensatz zur regulären Rechnung: Nettobetrag, Umsatzsteuerbetrag, Name und Anschrift des Leistungsempfängers, Zeitpunkt der Lieferung, Steuer- bzw. Rechnungsnummer.

Fälligkeitsregelung in der Sozialversicherung: Die Neuregelungen enthalten auch eine Anpassung im Sozialgesetzbuch bei der Fälligkeitsregelung für Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Danach entfällt die Schätzung der Werte bei bestimmten Unternehmen. Beiträge, deren tatsächlicher Wert für den aktuellen Monat noch nicht bekannt ist, können nach dem Wert für den Vormonat festgelegt werden. Die sich ergebenden Abweichungen zur tatsächlichen Beitragsschuld müssen jedoch in der Entgeltabrechnung des Folgemonats rechnerisch noch abgezogen oder addiert werden.

Anmerkung: Die Neuregelungen treten rückwirkend zum 1.1.2017 in Kraft. Eine Ausnahme bildet die Aufzeichnungspflicht für GWG, die erst zum 1.1.2018 wirksam wird.

2. Anerkennung des „häuslichen Arbeitszimmers“ eines Selbstständigen

Grundsätzlich besteht ein Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Das gilt u. a. jedoch nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

In seiner Entscheidung vom 22.2.2017 stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar, dass bei einem Selbstständigen nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in seinen Betriebsräumen zwangsläufig einen solchen zumutbaren „anderen Arbeitsplatz“ darstellt. Soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer Weise eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss, kommt das Abzugsverbot der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer jedoch nicht zum Tragen.

Nach Auffassung des BFH kann auch der selbstständig Tätige auf ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein. Inwieweit dies der Fall ist, ergibt sich aus dem jeweiligem Sachverhalt. Anhaltspunkte können sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben.

3. Ferienjobs als „kurzfristige“ Minijobs

„Kurzfristige Minijobs“ sind begehrt bei Arbeitnehmern, insbesondere auch bei Ferienjobbern und deren Arbeitgebern. Sie sind nicht – wie die regulären Minijobs – auf 450 € im Monat begrenzt; auf den Verdienst kommt es bei einem kurzfristigen Minijob nicht an. Sie sind in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungs- und beitragsfrei. Arbeitgeber und Aushilfen zahlen also keine Sozialversicherungsbeiträge.

Dafür gelten für diese Minijobber andere Regeln: Ein kurzfristiger Minijob ist von vornherein auf maximal 3 Monate begrenzt, wenn Ihr Minijobber an mindestens 5 Tagen pro Woche arbeitet, oder 70 Arbeitstage, wenn er regelmäßig weniger als an 5 Tagen wöchentlich beschäftigt ist. Diese Zeitgrenzen gelten generell für alle kurzfristigen Minijobs innerhalb eines Kalenderjahres, aber auch für jahresübergreifende Beschäftigungen, die von vornherein auf 3 Monate oder 70 Arbeitstage befristet sind.

Bitte beachten Sie!

  • Tage mit bezahlter Freistellung von der Arbeitsleistung (z. B. Tage mit Entgeltfortzahlung, Urlaubs- und Feiertage oder Tage der Freistellung zum Abbau von Guthabenstunden) sind bei der Prüfung der Zeitgrenzen für einen kurzfristigen Minijob zu berücksichtigen.
  • Arbeitet die Aushilfe länger als 3 Monate oder 70 Arbeitstage, ist die Beschäftigung kein kurzfristiger Minijob mehr. Ein kurzfristiger Minijob liegt ab dem Zeitpunkt nicht mehr vor, wenn Sie als Arbeitgeber absehen können, dass Ihre Aushilfe die Zeitgrenzen von drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagen überschreitet.
  • Für kurzfristige Minijobs bis zum 31.12.2014 und ab dem 1.1.2019 gelten die Zeitgrenzen von 2 Monaten bzw. 50 Arbeitstagen.
  • Kurzfristige Minijobs können individuell nach der Steuerklasse oder – unter weiteren Voraussetzungen – mit 25 % pauschal besteuert werden.
  • Wer berufsmäßig arbeitet, darf nicht kurzfristig – also versicherungsfrei – beschäftigt werden. Berufsmäßigkeit heißt, dass die Beschäftigung nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist, sondern damit den Lebensunterhalt sichert.
  • Bitte lassen Sie sich vor Einstellung einer kurzfristigen Beschäftigung beraten!

4. Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen

Erneut musste sich der Bundesfinanzhof mit der Einkünfteerzielungsabsicht und der damit verbundenen Geltendmachung von Werbungskosten bei Ferienwohnungen auseinandersetzen. Dazu stellt er in seinem Beschluss vom 9.3.2017 noch einmal klar, dass bei einer „Ferienwohnung“ grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen ist, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, wenn sie ausschließlich an Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird. Entsprechend sind die erforderlichen Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen.

Weitere Voraussetzung ist, dass das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen – abgesehen von Vermietungshindernissen – nicht erheblich (d. h. um mindestens 25 %) unterschreitet.

Liegen die genannten Voraussetzungen bei einer Ferienimmobilie nicht vor, z. B. weil sich der Eigentümer die Selbstnutzung der Ferienwohnung vorbehält, ist die Vermietung mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar. Entsprechend muss die Einkünfteerzielungsabsicht dann durch eine Prognose überprüft werden.

5. Verlustausgleich bei abgeltend besteuerten negativen Kapitaleinkünften

Nach Einführung der Abgeltungsteuer fallen Kapitaleinkünfte grundsätzlich unter den gesonderten Steuertarif in Höhe von 25 %. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden.

In seiner Entscheidung vom 30.11.2016 legt der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr fest, dass eine Verrechnung negativer Kapitaleinkünfte, die unter die Abgeltungsteuer fallen, mit positiven Kapitaleinkünften, die dem Regeltarif unterliegen, möglich ist. Dafür müssen Steuerpflichtige aber einen Antrag auf Günstigerprüfung stellen.

Bei regelbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen sind nur die tatsächlich angefallenen und nicht die fiktiven Werbungskosten in Höhe des Pauschbetrags abziehbar, sodass der Abzug des Sparer-Pauschbetrags (801 € pro Person und Jahr) nicht möglich ist.

Im entschiedenen Fall erzielte ein Steuerpflichtiger unter anderem Zinsen aus einem privaten Darlehen. Dieses ordnete das Finanzamt als „Darlehen zwischen nahestehenden Personen“ ein, sodass die Zinsen nach dem progressiven Regeltarif zu besteuern waren. Daneben erzielte er negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Abgeltungssteuer unterlagen. Der BFH gab dem Steuerpflichtigen insoweit recht, als er eine Saldierung der Kapitaleinkünfte aufgrund des Antrags auf Günstigerprüfung für zulässig erachtete. Den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von den regelbesteuerten positiven Einkünften aus Kapitalvermögen lehnte er jedoch ab.

6. Anwendung der Abgeltungssteuer bei mittelbarer Beteiligung an einer GmbH

Zinsen aus dem Darlehen eines „mittelbaren Gesellschafters“ an eine Kapitalgesellschaft können dem gesonderten Steuertarif – also der Abgeltungssteuer mit 25 % – unterliegen. Zu diesem Entschluss kommt der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 20.10.2016.

Im Urteilsfall veräußerten Steuerpflichtige an eine Kapitalgesellschaft, an der sie nicht unmittelbar beteiligt waren (Enkelgesellschaft), ein Grundstück. Die Kaufpreisforderung wurde in ein verzinsliches Darlehen umgewandelt. An dieser Gesellschaft war zu 94 % eine weitere Kapitalgesellschaft (Muttergesellschaft) beteiligt, an der im Jahr 2011 die Steuerpflichtige zunächst Anteile in Höhe von 10,86 % und später dann in Höhe von 22,80 % des Stammkapitals hielt. Das Finanzamt war der Überzeugung, die Zinsen unterliegen nicht dem Abgeltungssteuersatz für Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Der BFH entschied jedoch, dass die Regelung, die Zinsen aus Darlehen eines unmittelbaren Gesellschafters aus dem Abgeltungssteuersatz ausschließt, weder nach ihrem Wortlaut für Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters Anwendung findet, noch nach Sinn und Zweck der Vorschrift die Einbeziehung solcher Darlehen in die Regelung geboten ist. Auch die Anwendung der weiteren Ausnahmeregelung kommt nicht in Betracht. Diese verlangt, dass der Gesellschafter der Muttergesellschaft als Darlehensgeber im Verhältnis zur Enkelgesellschaft als Darlehensnehmerin eine „nahe stehende Person“ sein muss.

Das hierzu erforderliche Nähe- und Abhängigkeitsverhältnis zur Enkelgesellschaft liegt nach dem BFH jedenfalls dann vor, wenn der Darlehensgeber als Gläubiger der Kapitalerträge eine Beteiligung an der Muttergesellschaft inne hat, die es ihm ermöglicht, seinen Willen in deren Gesellschafterversammlung durchzusetzen. Zusätzlich muss die Mutter- an der Enkelgesellschaft (Darlehensschuldnerin) zu mindestens 10 % beteiligt sein.

7. Einheitlicher Erwerbsgegenstand bei der Grunderwerbsteuer

Die Finanzbehörde kann nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25.1.2017 im Wege der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung die Bauerrichtungskosten zusätzlich zu den Kosten des Grundstückserwerbs mit Grunderwerbsteuer belasten, wenn ein Bauerrichtungsvertrag zeitlich nach dem Grundstückskaufvertrag und nach der Festsetzung der Grunderwerbsteuer geschlossen wird.

In dem vom BFH entschiedenen Fall erwarb ein Steuerpflichtiger ein Grundstück, welches mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Im Grundstückskaufvertrag war bereits festgelegt, nach welchen Plänen das Haus errichtet werden sollte. Das Finanzamt bezog zunächst nur die Kosten für den Grundstückskauf in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ein. Danach schloss der Steuerpflichtige einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen.

Der BFH entschied dazu: Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ der Bebauung gebunden, wird das erworbene Grundstück erst dann in bebautem Zustand erworben, wenn auch der Bauerrichtungsvertrag geschlossen ist. Mit dieser Entscheidung stellt er klar, dass der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags das zunächst unbebaute Grundstück rückwirkend auf den Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags zu einem bebauten werden lässt und die Baukosten nachträglich im Rahmen der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung zusätzlich zu den Kosten für den Grundstückskauf bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen sind.


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