Steuernewsletter November 2025
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1. Steueränderungsgesetz 2025
Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf für das Steueränderungsgesetz 2025 beschlossen, Bundestag und Bundesrat sollen noch zustimmen.
Wichtige Änderungen sind:
Die Entfernungspauschale im Rahmen des Werbungskostenabzugs bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit soll auf 0,38 €/km einheitlich angehoben werden, anstatt bislang 0,30 €/km und ab dem 21. km mit 0,38 €/km.
Für Geringverdiener soll die Mobilitätsprämie zeitlich entfristet werden. Ein Antrag auf Erstattung ab dem 21. Entfernungskilometer ist möglich, da Geringverdiener i. d. R. keine Einkommensteuer zahlen, von der sie Fahrtkosten absetzen könnten.
Für Übungsleiter sollen steuer- und sozialversicherungsfreie Aufwandsentschädigungen von 3.000 € jährlich auf 3.300 €, für Ehrenamtliche von 840 € auf 960 € angehoben werden. Beide können nebeneinander genutzt werden, ab 2026 müssen sie der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke dienen.
Für gemeinnützige Organisationen steigt die Freigrenze für Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben von 45.000 € auf 50.000 €, innerhalb derer keine Körperschaft- oder Gewerbesteuer zu zahlen ist. E-Sport soll ab 2026 als gemeinnützig anerkannt werden.
Die Stromsteuerentlastung für Land- und Forstwirte soll wieder eingeführt werden.
Die 19 % Umsatzsteuer für Speisen auf Restaurant-/Verpflegungsdienstleistungen soll ab dem 1.1.2026 wieder auf 7 % sinken. Dies betrifft auch Cateringunternehmen, Convenience-Abteilungen etc. Für Getränke bleibt es weiterhin bei 19 %.
Die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau soll erhalten bleiben.
2. Die Aktivrente
Der Koalitionsvertrag sieht die sogenannte „Aktivrente“ als eines von mehreren Instrumenten, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und Unternehmen die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Mitarbeiter auch über den Eintritt in die Altersrente hinaus beschäftigen zu können, sofern beide Vertragspartner dies wünschen.
Hierbei soll es Rentnern erlaubt sein, bis zu 2.000 € monatlich steuerfrei hinzuzuverdienen. Für Frührentner ist keine steuerliche Vergünstigung vorgesehen. Nachdem zunächst die Rede davon war, dass der Verdienst nicht nur steuer-, sondern auch sozialversicherungsfrei vereinnahmt werden dürfe, wurde davon mittlerweile Abstand genommen.
Die Fortführung einer Erwerbstätigkeit über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus bzw. die Weiterbeschäftigung eines Mitarbeiters sollte daher vor einer finalen Gesetzesfassung nicht vorgenommen werden.
Arbeitgeber- und Sozialverbände sowie Gewerkschaften lehnen die Idee der Aktivrente ab. Auch das Institut der Deutschen Wirtschaft befürchtet lediglich Mitnahmeeffekte.
Dem Vernehmen nach soll die Aktivrente nicht für Selbstständige gelten, worüber bereits eine Auseinandersetzung um ein mögliches Diskriminierungsverbot entbrannt ist.
3. Schätzung nach amtlicher Richtsatzsammlung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 18.6.2025 bereits zum zweiten Mal durch Urteil ein und dasselbe Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das erstinstanzliche Finanzgericht Hamburg zurückverwiesen, im ersten Fall durch Beschluss.
Der Kläger betreibt eine Diskothek mit mehreren offenen Ladenkassen und im Wesentlichen mit Bargeschäften. Zum Feierabend wurden die offenen Ladenkassen zu einer Kasse zusammengeführt. Weitere Einzelaufzeichnungen zu den jeweiligen Kassen gab es nicht. Das Finanzamt nahm nach einer Außenprüfung eine Hinzuschätzung auf Basis der Richtsatzsammlung mit 300 % vor und bediente sich darüber hinaus zur Durchführung der Schätzung der amtsinternen „Fachinformation Betriebsprüfung für das Bundesland Nordrhein-Westfalen“, welches es dem Kläger jedoch nicht zugänglich machte.
Der Kläger setzte sich zunächst außergerichtlich und sodann gerichtlich in zwei Rechtsgängen gegen die Hinzuschätzung zur Wehr.
Da es sich bei der Richtsatzsammlung um ein vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) stammendes Verwaltungsschreiben handelt, welches auf Weisung in sämtlichen Finanzbehörden zur Hinzuschätzung genutzt wird, ist das BMF dem Rechtsstreit auf Aufforderung des BFH beigetreten, mit der Folge, dass eine gerichtliche Entscheidung sich auch für oder gegen dieses richtet.
Der BFH hat entschieden, dass eine Diskothek keiner in der Richtsatzsammlung genannten Gefahrenklasse zuzuordnen ist. Auch sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, nachdem dem Kläger die Fachinformation nicht zugänglich gemacht wurde.
Grundsätzlich könne bei Mängeln in der Kassen- und Buchführung zwar hinzugeschätzt werden, dieses müsse aber genau begründet werden. Die genauere Schätzmethode ist der ungenaueren vorzuziehen. Das Ergebnis müsse nachvollziehbar begründet werden. Das sei hier jedoch nicht erfolgt.
Bedient sich die Finanzverwaltung zum Zwecke der Schätzung Vergleichsdatenbanken, verweigert jedoch aus Datenschutzgründen, unter Berufung auf das Steuergeheimnis oder aus anderen Gründen deren Offenlegung oder bleibt diese nicht nachvollziehbar, so geht dies zu Lasten der Finanzverwaltung. So war es im vorliegenden Fall. Es bestehen zumindest erhebliche Zweifel, ob eine Richtsatzsammlung eine geeignete Schätzungsgrundlage darstellt.
Betroffene sollten bei derart komplexen Fragen immer eine rechtliche und steuerliche Beratung in Anspruch nehmen.
4. Entgelttransparenz ab 2026
Bis 7.6.2026 muss die EU-Richtlinie zur Entgelttransparenz in nationales Recht umgesetzt sein und an das seit 2017 geltende Entgelttransparenzgesetz angepasst werden. Ziele sind die Verhinderung geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung und die Förderung der Gehaltstransparenz.
Das bisherige Gesetz betrifft Unternehmen ab 200 Beschäftigten, ab 500 Beschäftigten besteht eine Meldepflicht zur Entgeltgleichheit. Geschlechtsspezifische Gehaltsdifferenzen sollen behoben und Gehaltsstrukturen analysiert werden.
Gerichte haben auf Basis der bislang geltenden Regelungen Arbeitnehmerinnen einen Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit zuerkannt. So hatte ein Gericht einer Arbeitnehmerin, die sich auf das Entgelttransparenzgesetz berufen hatte, einen höheren Lohn zugesprochen, da die männliche Vergleichsgruppe eine höhere Vergütung erhielt. Der Arbeitgeber hatte nicht hinreichend dargelegt und bewiesen, in welcher Weise z. B. Kriterien wie Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit und Arbeitsqualität bewertet und gewichtet wurden, um die Einhaltung des Grundsatzes der Entgeltgleichheit sicherzustellen.
In Unternehmen ab 200 Beschäftigten besteht ein Anspruch auf Anfrage nach dem Vergleichsentgelt aus einer Gruppe von mindestens 6 Personen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Zudem sind Unternehmen ab 500 Beschäftigten verpflichtet, zu prüfen und darüber zu berichten, ob im Unternehmen Entgeltgleichheit herrscht. Der Bericht muss nach Geschlechtern aufgegliedert sein und sowohl Voll- als auch Teilzeittätigkeiten umfassen. Die Änderungen durch die EU-Richtlinie werden dazu führen, dass ein individueller Auskunftsanspruch zum Vergleichsentgelt in allen Betrieben bestehen wird, unabhängig von der Anzahl der Mitarbeitenden. Die Auskunft muss innerhalb von 2 Monaten nach der Anfrage erteilt werden.
Ab 100 Mitarbeitenden sind die Betriebe darüber hinaus verpflichtet, einen Bericht über die Entgeltgleichheit zu erstatten, und zwar ab 7.6.2031 alle 3 Jahre. Von 150 bis 249 Mitarbeitenden gilt die Pflicht bereits ab 2027 und Unternehmen ab 250 Beschäftigten müssen die Verpflichtung ab 2027 jährlich erfüllen. Es besteht für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden eine Verpflichtung, über das Einstiegsgehalt und dessen Spanne bereits vor dem Bewerbungsprozess zu informieren. Basis ist immer das Vorjahr. Ob nach dem nationalen Gesetz über Gehaltskriterien informiert werden muss, ist noch unbekannt. Bewerbende dürfen nicht mehr nach ihrem vorherigen Verdienst gefragt werden.
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| < 50 | ab 2026 | ? | – |
| 51–99 | ab 2026 | ab 2026 | – |
| 100–149 | ab 2026 | ab 2026 | ab 2031 (alle 3 Jahre) |
| 150–249 | ab 2026 | ab 2026 | ab 2027 (alle 3 Jahre) |
| 250–499 | ab 2026 | ab 2026 | ab 2027 (1x jährlich) |
| > 500 | ab 2026 | ab 2026 | ab 2027 (1x jährlich) |
Die Richtlinie sieht für den Fall einer geschlechtsbedingten Benachteiligung die Zahlung einer Entschädigung vor. Die Umsetzung dieser Sanktionen obliegt den Mitgliedstaaten.
Unternehmen ohne Tarifbindung sollten daher damit beginnen, ein transparentes und objektives Vergütungssystem einzuführen, welches gut nachvollziehbar ist. Bestehende Lohn- und Gehaltslücken müssen eruiert und behoben werden.
Unternehmen jeder Größe sind ab spätestens 7.6.2026 von den Änderungen in der Entgelttransparenz betroffen. Auch als kleines Unternehmen besteht mindestens ein Auskunftsanspruch für Beschäftigte und Bewerbende.
Es ist daher dringend anzuraten, dass Unternehmen sich zwecks Auskunfterteilung mit dem eigenen Entgeltsystem befassen.
5. Pauschalabfindung für Unterhaltsverzicht
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 9.4.2025 entschieden, dass die Übertragung eines Grundstücks auf die Ehefrau eine sogenannte freigebige Zuwendung darstellt und damit schenkungssteuerpflichtig ist. Wird im Ehevertrag ein Verzicht auf Zugewinn, nachehelichen Unterhalt und Aufteilung des ehelichen Hausrats vereinbart, stellt dies nach Auffassung des BFH keine hierfür anrechenbare Gegenleistung dar, denn derartige Ansprüche können erst dann entstehen, wenn die Ehe beendet ist.
Ein Irrtum des Zuwendenden über die Frage, ob der Verzicht der Ehefrau als Gegenleistung zu werten ist, ist nach dem Urteil des BFH irrelevant.
Im vorliegenden Fall schloss der Kläger bereits vor der Eheschließung mit seiner späteren Ehefrau einen Ehevertrag vor einem Notar. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft wurde vereinbart, allerdings, außer für den Todesfall, sodann wieder ausgeschlossen. Zudem wurde der Zugewinnausgleich betragsmäßig begrenzt. Beide Ehegatten verzichteten auf die Durchführung eines Zugewinnausgleichs für den Fall der Scheidung und auf etwaige Ansprüche zur Aufteilung des Hausrats.
Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, innerhalb von 12 Monaten nach der Eheschließung der Ehefrau ein Hausgrundstück im Wert von mindestens 6 Mio. € zu übertragen, wobei 4,5 Mio. € auf den Unterhaltsverzicht entfallen sollten, 500.000 € auf den Verzicht zur Hausratsaufteilung und 1 Mio. € auf die abweichende Vereinbarung im Rahmen des Güterstandes.
Sollte gleichwohl Schenkungssteuer anfallen, würde der Kläger diese übernehmen. Nach der Eheschließung wurde das Grundstück übertragen. Das Finanzamt und das Finanzgericht sahen die Vorgänge als schenkungssteuerpflichtig an. Hiergegen hatte der Kläger Revision beim BFH eingelegt, die aus genannten Gründen zurückgewiesen wurde.
Sofern in Eheverträgen Verzichte auf nachehelichen Unterhalt, Zugewinn oder andere Ansprüche vereinbart werden sollen, sollte immer neben einer rechtlichen auch eine steuerliche Beratung eingeholt werden.
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